Es gibt Vorgänge, die ab einem gewissen Punkt nicht mehr rückgängig zu machen sind. Man denke zum Beispiel an den Moment, wenn die Fußballen sich vom sicheren Boden lösen und der gewagte Absprung ins Wasser bereits das Jetzt verlassen hat und Richtung Vergangenheit, in der selben Geschwindigkeit rückt, wie man sich nach vorne gestürzt hat. Ab da an bleiben einem je nach Sprunghöhe nur mehr ein paar wenige Sekunden, um den Flug zu genießen, zu bereuen, in Panik auszubrechen, oder nichts der gleichen. Das Ergebnis ist nicht mehr aufzuhalten, völlig unabhängig davon, mit welcher Stimmung, oder aus welchem Grund ich den Flug angetreten bin. Die Wasseroberfläche fliegt in einer rasenden Geschwindigkeit auf einem zu und meistens früher, wie später nimmt sie einem unweigerlich in Empfang. Würde es im Moment des Fluges also noch irgendjemanden etwas nutzen, davon überzeugt zu werden, dass der Sprung vielleicht doch ein bisschen zu hoch war, oder das Wasser eventuell doch ein bisschen zu kalt ist? Das Einzige, was wir in diesem Moment eventuell noch beeinflussen können und selbst das nur, mit richtig kalibrierten Reflexen ist, wie der Touchdown erfolgt. Wird es ein sauberes Eintauchen, oder eher ein schmerzhafter Bauchklatscher…? In jedem Fall aber, wird es nass.
Die Herausforderung liegt folglich nicht mehr darin, unsere Mitmenschen von dieser, oder jenen Ansicht zu überzeugen, sondern es auszuhalten, dass wir es nicht vor dem Absprung geschafft haben. Wir sind sprichwörtlich dazu verdonnert, zuschauen zu müssen, wie sich manche Menschen im freien Flug in schieflage bringen und nichts davon merken – bis eines Tages die Wasseroberfläche so erbarmungslos in ihre Magengrube drischt, dass auch da nur mehr zwei mögliche Szenarien zur Auswahl stehen. Beim Aufprall krepieren, oder durch den Schmerz die Augen auf Tellergröße zu öffnen und hoffen, dass es Menschen gibt, die einem erklären, was gerade passiert ist und einem genügend Mitgefühl entgegenbringen.
Jeder von uns ist selbst gefordert zu prüfen, wie sein persönlicher Flug gerade verläuft. Wer sich früh genug um seine eigene Balance gekümmert hat, kann jedoch den Flug genießen und sich geradezu darüber freuen, in welch komödiantischen Zustand sich mehr oder weniger ganz Mitteleuropa gerade selbst abschafft. Die Deutsche, aber auch die Österreichische Regierung befinden sich nicht nur im freien Fall, sondern packen auch noch kräftig mit verzweifelter Hand in die Luft, um den Vorgang doch noch ein bisschen schneller und ungemütlicher von statten gehen zu lassen. Ganz so, als wäre die Welt nicht auch schon ohne ihnen verrückt genug, lösen sie sich von jeglichen kausalen Gedankengang und stürzen mit einer Selbstzufriedenheit in den Abgrund, dass man ihnen nur mehr gratulieren kann. Denn je schneller der Fall, desto schneller der Aufprall. Deshalb mein Tipp zum Hauptabendprogramm, anschnallen und freuen, dass es bald zu ende ist. Danke Deutschland, danke Österreich und der größte Dank geht an die Europäische Union. Ihr leistet ganze Arbeit. Und wer weiß, in vielleicht gar nicht all zu weiter Ferne, werden wir zurückblicken, uns gegenseitig auf die Schultern klopfen und stolz darauf sein, im entscheidenden Moment nicht die Nerven verloren zu haben, sondern mutig und mit offenen Augen den Absprung geschafft zu haben. Denn, wie man so schön sagt, was uns nicht umbringt, macht uns nur härter und, tja, nur die harten kommen in den Garten … naja oder so ähnlich.
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